Für alle Lebewesen auf der Erde ist der durch die Rotation des Planeten bedingte natürliche Wechsel zwischen hellem Tag mit einer maximalen Beleuchtungsstärke von 128 000 Lux und dunkler Nacht mit maximal 0,3 Lux bei Vollmond der grundlegendste Rhythmus. Abweichungen von diesem natürlichen Taktgeber durch den Einsatz von Kunstlicht führen zum Verschwinden lebenswichtiger Ausprägungen in den Ökosystemen – und der Lebensraum der natürlichen Nacht ist in Gefahr.
Kunstlicht ist für unsere Arbeits- und Lebensweisen nicht mehr wegzudenken, hat die Wirtschaftskraft durch Ausdehnung menschlicher Aktivitäten in die Nacht hinein ausgeweitet und ist oft mit sicherheitstechnischen und dekorativen Ansprüchen verknüpft. Im Gegensatz zu den Menschen können sich wildlebende Tiere der künstlichen Beleuchtung jedoch oftmals nicht entziehen, da die dringend benötigten Dunkelräume ebenso verschwinden wie der Sternenhimmel verblasst.
Forschungsergebnisse der letzten Jahre weisen darauf hin, dass der zunehmende Verlust der Nacht mit immensen Auswirkungen auf Naturflächen und damit erheblichen Lebensraumverlusten und veränderten Lebensweisen für viele Arten einhergeht. Insbesondere die Erhaltungszustände von dämmerungs- und nachtaktiven Arten wie Eulen, Fledermäuse und Nachtfalter sind negativ von den Folgen von Lichtimmissionen betroffen. Viele finden sich in auf den Listen gefährdeter und geschützter Arten sowie in den Anhängen der europäischen Naturschutz-Richtlinien (Flora-Fauna-Habitat-RL, Vogelschutz-RL).
Dies macht deutlich, dass zur Einhaltung des Schutzauftrages im Natur- und Artenschutz flächendeckend und insbesondere in Gebieten mit Schutzstatus ein sensibler Umgang mit Kunstlicht mit dem Ziel, dieses möglichst zu vermeiden, von oberster Priorität sein muss.
Definition Lichtverschmutzung
Durch blendende Lichtquellen und weithin sichtbare diffuse Lichtglocken über Städten, selbst über kleinen Gemeinden, Gewerbe- und Industriegebieten, wird der Blick auf das natürliche Licht der Sterne am Nachthimmel weiträumig verhindert. Dafür hat sich der Begriff Lichtverschmutzung eingebürgert. Über den Städten sind nur noch wenige Dutzend Sterne zu erkennen, während bei einem natürlich dunklen Himmel bis zu 4000 Sterne sichtbar wären. In Mitteleuropa gibt es nur noch wenige Möglichkeiten, eine natürliche Nachtlandschaft zu erleben, der Sternenhimmel geht als unmittelbares Naturerlebnis und als Kulturgut immer mehr verloren.
Mittlerweile ist die Aufhellung des Himmels durch die Lichtverschmutzung so stark, dass weniger als die Hälfte der Europäer die Milchstraße überhaupt noch sehen kann. Damit geht nicht nur ein faszinierendes Naturerlebnis verloren, das für viele Menschen mit Lebensqualität verbunden ist, sondern auch ein kollektives Kulturgut, denn die Beobachtung der Gestirne war für die Erstellung von Kalendern und Navigationssystemen unerlässlich.
Folgende Phänomene können unter dem Begriff Lichtverschmutzung zusammengefasst werden:
- direkte Blendung durch starke Lichtquellen
- künstliche Aufhellung der direkten Umgebung und des Nachthimmels
- nachbarschaftliche Störung im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG), in dem Kunstlicht je nach Art, Dauer und Ausmaß als schädliche Umwelteinwirkung erfasst ist
Wie entsteht Lichtverschmutzung?
Durch die energiesparenden LED-Leuchtmittel wurde der Lichteinsatz günstiger. Das führt aber dazu, dass auch immer mehr Licht und nicht benötigtes Licht eingesetzt wird ("Reboundeffekt"). Zahlreiche Lichtquellen werden nicht zielgerichtet eingesetzt und beleuchten mehr Fläche als notwendig, mit oftmals viel zu hohem Lichtstrom und schädlichem Farbspektrum. Hierzu zählt auch die nicht nachhaltige Anwendung der Industrienorm DIN EN 13201, u.a. durch Wahl von Beleuchtungsklassen mit zu hohen Lichtmengen in der kommunalen Straßenbeleuchtung, die bereits vielerorts zu einer Anhebung des Beleuchtungsniveaus und zu Überbelichtung geführt hat.
Moderne, leistungsfähige und oft falsch ausgerichtete Strahler, darunter auch die modernen Scheinwerfer von Fahrzeugen, blenden, zerschneiden Lebensräume und sind kilometerweit sichtbar – fernab der Lichtquelle und der eigentlichen Nutzfläche. Mittlerweile tragen selbst kleine Gewerbegebiete und Beleuchtungsanlagen an Einzelbauten zur Blendung und Aufhellung der direkten Umgebung bei. Über Streuung des Lichts an Aerosolen, also Staub- und Wasserteilchen in der Atmosphäre, und Reflektion an Wolken entstehen die diffusen Lichtglocken. Das Licht wird weit in die Umgebung transportiert und verursacht dort Aufhellung.
Rebound-Effekt
Ein Anstieg der Lichtverschmutzung ist auch deshalb vielerorts zu beobachten, da moderne Leuchtmittel bei gleicher Anschlussleistung einen wesentlich höheren Lichtstrom erzielen.Diese Effizienzsteigerungen und geringere Anschaffungskosten senken die Kosten für den Einsatz von Kunstlicht, was dazu führen kann, dass sich das Verhalten der NutzerInnen ändert. Schlicht formuliert: Es wird öfter, mehr und länger als nötig beleuchtet, dadurch werden Potenziale zur Energie- und Ressourceneinsparung geschmälert oder wieder aufgehoben. Dieses Phänomen wird unter dem Begriff „Rebound(Bumerang-)-Effekt“ zusammengefasst.
Quelle: https://www.biosphaerenreservat-rhoen.de/natur/sternenpark-rhoen/kunstlicht-und-lichtverschmutzung
https://www.sankt-wendeler-sternenland.de/lichtverschmutzung/auswirkungen-auf-tiere-und-pflanzen